Studienarbeit SS 2003

 

 

Bioelektronische Sensorik zur Erfassung und Auswertung von

cardioelektrophysiologischen Signalen

 

 

Bearbeitet von:

 

Daniel Gerner, F7

Paolo Iannelli, F7

 

 

Betreuender Professor:

 

Prof. Dipl.-Phys. Dipl.-Ing. Edmund R. Schießle

 

 

 

 

 

Problemstellung:

 

Aufgabe war, eine elektronische Schaltung aufzubauen, mit der man die vom Herzen ausgehenden elektrischen Signale messen kann. Diese sollen dann für den Benutzer sichtbar und hörbar gemacht werden.

 

 

Allgemeines

 

Bei der Elektro-Kardiographie werden die elektrischen Aktivitäten des Herzens abgeleitet und in Form von Kurven im Elektro-Kardiogramm aufgezeichnet. Das EKG ist damit Ausdruck des Verlaufs der Herzerregung.

 

Die Aufzeichnung des Signals wurde in dieser Studienarbeit mit einem Oszilloskop vorgenommen.

 

 

Funktionsweise der Elektro-Kardiographie

 

Im Herz befindet sich ein spezielles Reizbildungs- und -leitsystem, in dem die elektrische Erregung entsteht und sich von dort ausbreitet. Durch diese Erregung wird die Kontraktion des Herzens (Pumpfunktion) ermöglicht. Sie hat ihren Ursprung im so genannten Sinusknoten, einem Bereich im rechten Vorhof des Herzens. Er wird auch als Schrittmacher bezeichnet, da er das Herz mit einer bestimmten Frequenz antreibt.

 

Von dort gelangt der elektrische Impuls über die Muskulatur der beiden Vorhöfe des Herzens auf den AV-Knoten, der als Ventil für die Weiterleitung der Erregung auf die Herzkammern dient.

 

Diese elektrischen Impulse kann man mit Hilfe von Elektroden aufnehmen. Die Elektroden werden je nach Art des EKG-Geräts an verschiedenen Körperstellen angebracht.

 

 

Ableitungen nach Einthoven und Goldberger

 

Die Einthoven- und die Goldberger-Ableitungen werden auch als Extremitäten-Ableitungen bezeichnet, da man im Normalfall die Elektroden an den Extremitäten (rechter Arm, linker Arm, linker Fuß) anbringt.

Bei Goldberger werden im Gegensatz zu Einthoven jeweils Arme und Beine auf gleiches Potential gelegt und dann die Spannung gegenüber dem entsprechenden Arm oder Bein gemessen.

 

3 Ableitungen nach Einthoven

3 Ableitungen nach Goldberger

 

 

Vor allem bei den im Rettungsdienst verwendeten EKG-Geräten werden die Elektroden nicht an den Extremitäten, sondern an der Brust angebracht. Dies stellt dann eine Abwandlung der Einthoven-Ableitungen dar. Die Elektroden, die normalerweise an den Armen zu befestigen sind, werden unter den beiden Schlüsselbeinen positioniert, die für den linken Fuß wird links am Brustkorb unterhalb der Herzspitze befestigt.

 

 

Abwandlung der Einthoven-Ableitungen

 

 

Brustwandableitungen nach Wilson

 

Die Brustwandableitungen nach Wilson gehören zum 12-Punkt-EKG. Allerdings werden Brustwandableitungen nur dann geschrieben, wenn ein detaillierter Befund am Herzen erhoben werden soll (z.B. Infarktdiagnostik).

 

 

Brustwandableitung nach Wilson

 

 

Das physiologische EKG

 

Am physiologischen (normal gesunden) EKG kann man folgende Anteile unterscheiden:

normales EKG

·         P-Welle: Die P-Welle ist charakteristischerweise die erste kleine, positive, halbrunde Welle nach der Null-Linie. Sie stellt die Erregung der Vorhöfe dar.

·         Q-Zacke: Die Q-Zacke ist im allgemeinen klein, d.h. weder breit noch tief, und stellt die erste negative Zacke nach der P-Welle und dem Ende der PQ-Zeit dar. Die Q-Zacke bezeichnet den Beginn der Kammererregung.

·         R-Zacke: Die R-Zacke ist immer schmal und hoch. Sie ist die erste positive Zacke nach der Q-Zacke bzw. die erste positive Zacke nach der P-Welle, wenn die Q-Zacke fehlen sollte. Die R-Zacke ist Ausdruck der Kammererregung.

 

Aus dem EKG kann man aufgrund charakteristischer Veränderungen der einzelnen Zacken und Zeiten eine Vielzahl von Herzerkrankungen sowie Herzrhythmusstörungen feststellen.

 

 

 

Aufbau des EKG-Verstärkers

 

Die Elektroden

 

Als Elektroden dienten uns 3 Kupferplättchen mit den Maßen 10x10 mm. Diese haben wir über ein abgeschirmtes Kabel an einen Diodenstecker gelötet. Das größte Problem mit den selbstgelöteten Elektroden war, dass man sie nie so auf der Haut befestigen konnte, dass man jederzeit ein Signal bekam.

                                                

Deshalb beschlossen wir, Klebeelektroden, wie sie auch in Krankenhäusern und Arztpraxen verwendet werden, zu besorgen. Mit diesen Elektroden, die über dasselbe Kabel wie oben beschrieben angeschlossen waren, hatten wir immer ein einwandfreies Signal.

 

eigene Elektroden

gekaufte Elektroden

 

 

Simulation mit Electronics Workbench

 

Wir haben zwei verschiedene Schaltungen mit Electronics Workbench simuliert. Aufgrund dieser Simulationen sind wir zu dem Entschluss gekommen, die zweite Schaltung auf ein Steckbrett aufzubauen, um das Verhalten im Betrieb mit der Simulation vergleichen zu können.

 

 

Rechteck-Eingangssignal (1Hz)

 

Verstärktes Ausgangssignal

 

Verhalten der 2. Schaltung

 

 

 

Aufgebaute Schaltung

 

Nach Anbringen der Elektroden und Einschalten der Versorgungsspannung konnte man auf dem Oszilloskop das verstärkte Signal des Herzens erkennen. Allerdings war auch eine deutliche 50 Hz Störung, die teilweise höher war als das zu messende Signal, zu erkennen. Aufgrund dieser Gegebenheit haben wir die Simulation der Schaltung mit einer Modifikation erneut durchgeführt.

 

2. Schaltung auf Steckbrett

 

Signal der 2. Schaltung

 

 

 

Simulation mit modifizierter Schaltung

 

Den vorhanden Bandpass haben wir komplett ersetzt durch einen Tiefpass 4. Ordnung, zum einen mit  Butterworth-, zum anderen mit Bessel-Filter-Einstellungen. Diese Schaltung haben wir dann erneut simuliert.

Tiefpass 4. Ordnung

fg=15Hz

 
 

Überspannungs-schutznetzwerk

 

Tiefpass fg=280Hz

 

Impedanzwandler

 

Differenzverstärker v=425

 

2. Schaltung mit Tiefpass 4. Ordnung

 

 Schaltung mit Bessel-Filter

2. Schaltung mit Butterworth-Filter

 

Aufgrund der bei der Butterworth-Schaltung auftretenden Signalverfälschung haben wir uns für die Realisierung der Schaltung mit einem Bessel-Filter entschlossen.

 

Der aktive Tiefpass 4. Ordnung ist eingestellt auf eine Frequenz von 15 Hz. Somit ist sichergestellt, dass der größte Teil des 50 Hz Störsignals herausgefiltert wird.

 

 

 

Aufbau der Schaltung mit Bessel-Filter

 

Wie man erkennen kann, ist das EKG-Signal schon bedeutend besser geworden. Die restlichen Störungen (Rauschen) kommen von den vielen langen Leitungen auf dem Steckbrett, die sich wie Antennen auswirken.

 

Signal der modifizierten Schaltung

 

 

 

Der Signalgenerator

 

Um das Signal auch hörbar zu machen, haben wir zusätzlich zu der Verstärkerschaltung einen Signalgenerator aufgebaut. Je nach Einstellung des Potentiometers hört man nur die R-Zacke bzw. die R-Zacke und die T-Welle des EKG-Signals.

 

Schaltung des Signalgenerators

 

 

Layout des EKG-Verstärkers mit Signalgenerator

 

ORCAD Capture:

 

 

 

 

ORCAD Layout Plus:

 

 

 

 

Die Platine

 

R28

 

Ausgang Oszi

 

Versorgung

 

Ausgang Lautsprecher

 

Elektroden-Eingänge

 
bestückte Platine

 

 

 

Funktionsweise des EKG-Verstärkers

 

Die Elektroden werden an die Eingänge E1 bis E3 angeschlossen, wobei E3 mit der Masse verbunden ist. Somit wird das Signal am Körper von E1 und E2 jeweils zum gleichen Potential hin gemessen. Über ein Überspannungsnetzwerk gelangen diese beiden Signale jeweils zu einem Operationsverstärker, die als Impedanzwandler dienen. Anschließend gehen die Signale über einen Differenzverstärker mit dem Verstärkungsfaktor von 425 zu einem Tiefpass 4. Ordnung, eine so genannte Bessel-Filterschaltung. Danach wird das Signal zum einen zum Ausgang für den Oszilloskop-Anschluss, zum anderen zum Signalgenerator hingeführt.

 

 

 

Berechnung des Bessel-Filters

 

 

gegeben: Berechnungskonstanten a1=1.3397; a2=0.7743; b1=0.4889; b2=0.3890

 

 

gewählt: R11=200kΩ, R12=33kΩ, R21=580kΩ, R22=43kΩ

 

 

 

Funktionsweise des Signalgenerators

 

Den Eingangsteil dieser Schaltung bildet der mit dem Verstärker aufgebaute nichtinvertierende Komparator, dessen Schaltschwelle mit dem Potentiometer R28 eingestellt werden kann. Die Diode D5 lässt nur den positiven Anteil der Komparator-Ausgangsspannung an den Triggereingang des nachgeschalteten, zur Impulsverlängerung dienenden Monoflops. Der Operationsverstärker OP9 bildet einen Rechteckgenerator, dessen Ausgangssignal über den Lautsprecher hörbar gemacht wird. Zur Steuerung dieses Generators werden das Monoflop sowie die Diode D6 benutzt. Liegt am Eingang des Komparators ein Signal an, das kleiner als die Triggerschwelle ist, so liegt der Ausgang des Monoflops auf etwa der negativen Betriebsspannung, D3 leitet und der Rechteckgenerator kann nicht schwingen. Wenn ein positives Signal auf den Komparatoreingang kommt, geht der Monoflopausgang in die positive Sättigung, D3 sperrt und der Rechteckgenerator schwingt.

 

 

 

EKG-Signal

 

 

EKG-Signal des fertigen Geräts

 

 

 

 

 

Sicherheitsbestimmung

 

Um die Sicherheit des Patienten zu gewährleisten, darf dieses Gerät nur mit Batterie oder galvanisch getrenntem Netzgerät betrieben werden.